magus tage  MÜNSTER


So 20. Okt | 11:30 Uhr | Theatertreff


Boike Rehbein | Soziologe
Was heißt es,
einen anderen Menschen zu verstehen?

Verstehen ist ein vieldeutiger Begriff, der sich auf höchst unterschiedliche Gegenstände beziehen kann. Eine ganz besondere Form des Verstehens bezieht sich auf andere Menschen. Was meinen wir, wenn wir sagen, einen anderen Menschen zu verstehen? Der Gegenstand dieses Verstehens zeichnet sich vor allen anderen möglichen Gegenständen dadurch aus, dass es sich um ein Leben handelt, das eigentlich nur aus der Perspektive desjenigen zugänglich ist, der es vollzieht und verstanden werden soll. Daher ist der Gegenstand des Verstehens anderer Menschen ebenso problematisch wie der Prozess.

Wenn wir einen anderen Menschen verstehen wollen, versuchen wir, ein anderes Dasein zu vollziehen. Wir können das nur in einer hypothetischen Weise tun, da der faktische Vollzug eines anderen Daseins nicht möglich ist. Man muss wie der andere Mensch handeln können, um ihn zu verstehen – zumindest in der Fantasie. Und man muss sein symbolisches Universum kennen – zumindest ansatzweise. Der tatsächliche Vollzug ist keine notwendige Bedingung, aber er ist eine bessere Basis als die bloße Fantasie. Es ist nicht das Gleiche, sich vorzustellen, hungrig zu sein, und wirklich hungrig zu sein. Verstehen kann uns lehren, wie ein anderer Mensch die Welt sieht. Wir können nicht nur eine Sichtweise der Welt lernen, sondern auch ein Dasein. Von einem anderen Standpunkt aus sehen wir nicht nur anders und anderes, sondern wir leben, handeln und fühlen uns anders.
Rehbein: Verstehen in den Sozialwissenschaften. In: Rehbein/Saalmann (Hg): Verstehen. 2009.

„Derjenige ist als Mensch nicht zu verstehen, dessen Dasein man nicht nachvollziehen kann.“

Prof. Dr. Boike Rehbein hat den Lehrstuhl für Gesellschaft und Transformation in Asien und Afrika an der Humboldt-Universität zu Berlin. Forschungsschwerpunkte: Globalisierung, Sozialstrukturen, Soziologische Theorie, Festland-Südostasien.

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Zeha Schröder | Theatermacher
Annäherung von innen.
Empathie als „Verstehenstechnik“
in der schauspielerischen Arbeit

Verstehen und Begreifen werden zumeist als „Aneignung von außen“ beschrieben. Wer etwas begreift, der fasst es gewissermaßen mit dem Verstand an. Ganz anders nähern sich viele Schauspieler ihrer Rolle: nicht durch Analyse von außen, sondern durch Imitation und Nachempfindung. Daher geht es in der Probenarbeit häufig darum, eine Textzeile oder eine Handlung zu „füllen“, ihr von innen her Sinn und Motivation zu verleihen oder abzulauschen. Wie vollzieht sich dieser Prozess? Welche Techniken verwendet ein Darsteller, um sich mit den Gedanken und Gefühlen einer fremden (zumeist fiktiven) Person vertraut zu machen? Ist diese verstehende „Annäherung von innen“ auch jenseits der Probenbühne praktizierbar?

„Sie müssen mich fragen und nicht sich, wenn Sie mich verstehen wollen.“ Hamann

Zeha Schröder ist künstlerischer Leiter und Konzeptentwickler, Regisseur sowie Schauspieler bei dem freien Theaterensemble „Freuynde & Gaesdte“ in Münster, das überregional bekannt ist und mit seinen Produktionen bei zahlreichen renommierten Festivals zu Gast ist.

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Marina Döring | Sprachmittlerin
Sprachmittler
in Auslandseinsätzen der Bundeswehr

Mazar-e Sharif: afghanische Delegierte und Bundeswehrangehörige treffen sich zum Gespräch, erfahrene, Dari oder Paschtu sprechende „Dolmetscher in Uniform“ leiten unauffällig eine gelungene Begrüßung ein, schaffen so eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre. Schon beim nächsten Treffen müssen vielleicht eine gemeinsame Patrouille vorbereitet, Verträge über die Unterkunft geschlossen oder hochrangige zivile Gäste zu Informationsgesprächen empfangen werden. Als Kenner beider Kulturen helfen militärische Sprachmittler beiden Seiten, ihre Fremdheitserfahrung zu überwinden. Das erfordert nicht nur schnelles Umschalten zwischen den Sprachen und kulturellen Referenzrahmen und große körperlich-seelische Anpassungsfähigkeit: Die Dolmetscher im Dienst der Bundeswehr sind ständig mit der Frage nach ihrer eigenen Rolle konfrontiert. Zu ihrem eigenen Schutz sind sie militärisch ausgebildet, mit einer Uniform und einem militärischen Dienstgrad ausgestattet, formell also Angehörige der deutschen Streitkräfte. Hier eröffnet sich ein Spannungsfeld zwischen der in der Lehre propagierten neutralen Rolle des freiberuflich arbeitenden Dolmetschers und dem militärischen Sprachmittler, der im Auftrag der Bundeswehr handelt und der sich stets seines Platzes in der militärischen Hierarchie bewusst ist.

„Wenn man sich nicht einander verstehen will noch kann: so hilft alles Reden nichts, sondern macht nur das Übel ärger. Je mehr Worte, desto mehr Stoff zu Missverständnissen.“ Hamann

Oberregierungsrätin Marina Döring ist Referentin im Bundessprachenamt in Hürth, das zum Verteidigungsministerium gehört. Sie rekrutiert und koordiniert Sprachmittler in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Als Leiterin des Sprachendienstes war sie in Afghanistan und Usbekistan.

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Konstantin Manaev | Violoncello
MUSIKALISCHE NÄSCHEREIEN

Zwischen den Vorträgen am Sonntag serviert der international ausgezeichnete und als Solist und Kammermusiker gefragte Cellist musikalische Näschereien.

 

 

 

Programm  SA 19. Okt | 20 Uhr Programm  SO 20. Okt | 16 Uhr  
 

    Fürstenbergstr. 14, D-48147 Münster , +49 (0)251 591-3214, www. gwk-online.de