magus tage  MÜNSTER


So 20. Okt | 16:00 Uhr | Theatertreff


Olga Klimecki | Neurowissenschaftlerin, Psychologin
Emotionales Verstehen.
Empathie und Mitgefühl in
neurowissenschaftlicher Sicht

Um einander zu verstehen, nutzen wir verschiedene Arten von Information. Wir verstehen Gedanken und Absichten und wir können empathisch die Gefühlswelt unseres Gegenübers nachempfinden. Die psychologische und neurowissenschaftliche Forschung untersucht verschiedene Formen emotionalen Verstehens, von emotionaler Ansteckung bis zu Empathie und Mitgefühl. Dabei geht es insbesondere um Situationen, die uns mit dem Leid anderer Menschen konfrontieren. Was bestimmt, wie wir mit solchen potenziell schwierigen Situationen umgehen? Können wir unser emotionales Verstehen trainieren, dadurch verändern? Wenn ja, welche Auswirkungen hat das auf unsere Gehirnfunktion, auf unser Erleben und unser Verhalten?

„Wir verstehen den Schmerz anderer, indem wir ein Netzwerk
aktivieren, das die affektive Komponente unseres eigenen Schmerzes repräsentiert.“

Dr. Olga Klimecki arbeitet am E3Lab, Laboratory for the study of Emotion Elicitation and Expression der Universität Genf. Sie erforscht die Trainierbarkeit von sozialen Emotionen wie Empathie, Mitgefühl oder Wut.

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Nahlah Saimeh | Psychiaterin, Psychotherapeutin, Gutachterin
Forensische Psychiatrie
als „verstehende“ Disziplin

Wie kann aus dem netten Nachbarn plötzlich ein Gewalttäter werden? Wie kann eine junge Frau, die uns vielleicht gerade noch Brötchen verkauft oder eine Flugreise vermittelt hat, zur Kindsmörderin werden? Was ist es, das diese Menschen zu Gewalt und Grausamkeit treibt?

Es ist mir ein Anliegen, Ihnen die Täterinnen und Täter mit der gebotenen Sachlichkeit, Fairness und Anschaulichkeit zu schildern. Ich bin nicht parteiisch. Ich begegne meinen Probanden respektvoll und aufmerksam, weil ich denke, diese Grundhaltung sollte jedem menschlichen Kontakt innewohnen. Andererseits ist es weder meine Aufgabe, mich über den Tisch ziehen zu lassen, noch, Gewaltdelikte zu verharmlosen oder zu beschönigen. Sie werden merken, dass es fast immer die emotionale Qualität der mitmenschlichen Beziehungen ist, die für die Entwicklung der Persönlichkeit mitsamt ihrer späteren Delinquenz eine Rolle spielt. Alle Taten sind im Grunde zutiefst menschlich und gerade eben nicht Verhaltensweisen von „Monstern“ und „Bestien“. Genau das macht sie in Wahrheit so bedrückend.

Wenn wir begreifen, dass die meisten Straftäter keine andere Kategorie von Menschen sind, sondern sie und wir uns letztlich nur in wenigen Teilbereichen voneinander unterscheiden, können wir unseren Blick auf den Menschen insgesamt vervollständigen und Konsequenzen für unsere Gesellschafts-, Sozial- und Kriminalpolitik ziehen. Zugleich verstehen wir, wie alltäglich das Böse ist, dass es keine menschliche Gesellschaft ohne Böses geben wird und warum sich eine Gesellschaft gerade deswegen ihre Menschlichkeit bewahren muss.
Saimeh: Jeder kann zum Mörder werden. München/Zürich 2012.

„Was muss im Leben vorgefallen sein, dass ein Mensch gegen alle Regeln des sozialen Miteinanders und alle humanen Werte handelt?“

Dr. Nahlah Saimeh, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, ist Ärztliche Direktorin des LWL-Zentrums für Forensische Psychiatrie in Lippstadt und eine der renommiertesten Gerichtsgutachterinnen Deutschlands (Beurteilung von Schuldfähigkeit, Gefährlichkeits­prognosen, Schwerpunkt Gewalt- und Sexualstraftäter).

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Axel Petermann | Kriminalkommissar, Profiler
Das Böse verstehen (?)

Jeden Abend tauchen Millionen Menschen vor dem Fernseher in die medial inszenierte Welt des fiktiven Verbrechens ein; fasziniert und beeindruckt von der morbiden Fantasie der Drehbuchautoren. Ein sehr gemischtes Publikum: Frauen und Männer, jung und alt, progressiv und konservativ, Angehörige verschiedener Ethnien, Schichten und Milieus, die eines zu einen scheint: die Affinität zum Bösen.

Als Autor und Berater verschiedener Krimiformate frage ich mich, wie der Wunsch ganz normaler Fernsehzuschauer, sich dem Verbrechen in Filmen oder Büchern zu nähern, zu verstehen ist. Ist es das Rätsel, warum Menschen Grenzen verletzen, die man selbst nur in Ausnahmesituationen, wenn überhaupt, überschreiten würde? Lassen wir in Krimis andere stellvertretend für uns agieren, um dem Bösen nah zu sein?

Als Tatortanalytiker und Kriminalkommissar frage ich nach den Motiven, die hinter einer „bösen Tat“ stehen, nach dem Wie und Warum eines Mords. Gerade dann, wenn Gefühle wie Wut, Hass, Zorn oder Zuneigung und Reue das Tatgeschehen dominieren, zeigen sich im Spurenbild die „wahren“ Bedürfnisse des Täters. Anders als bei einer Vernehmung, wo der Täter die Wahrheit sagen kann, ist der Ausbruch seiner Gefühle bei der Tat nicht rational kontrolliert: Im Gegensatz zum Menschen lügen die Spuren nicht.

Natürlich gibt es Verbrechen, die auch bei mir nach über 30 Jahren als Mordermittler Entsetzen, Übelkeit, völlige Verständnislosigkeit und Abscheu gegenüber dem Täter auslösen. Doch in meinem Büro sitzt mir dann vielleicht jemand gegenüber, der so normal wirkt wie jeder andere. Inzwischen schaffe ich es, meine Abscheu beim Verbrechen zu belassen und nicht auf den Täter zu übertragen. Nur so kann ich die Tatmotive ergründen und verstehen.

„Wenn sich der Täter nicht von mir verstanden fühlt, wird er kein Geständnis ablegen.“

Axel Petermann leitet die Dienststelle „Operative Fallanalyse“ bei der Bremer Polizei. Er ist der bekannteste Profiler Deutschlands und berät u.a. den „Tatort“. Sein Buch „Auf der Spur des Bösen“ war 2010 auf der Spiegel-Bestsellerliste.

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Programm  SO 11.Okt | 11:30 Uhr  
 

    Fürstenbergstr. 14, D-48147 Münster , +49 (0)251 591-3214, www. gwk-online.de