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Magus
Tag Münster 2011
Samstag, 15. Oktober 2011,
18 Uhr
Programm
Preisverleihung | Lesung und Gespräch
Franz-Josef Czernin wird mit dem Magus-Preis 2011 ausgezeichnet.
Lesung und Gespräch
Sabine Scho liest ihren Originalbeitrag zum Magus Tag Münster,
einen freundschaftlich-kritischen Brief an Johann Georg Hamann.
Vortrag
Hugh Barr Nisbet, 1. Hamann-Forschungspreisträger, spricht über Lessings
Toleranz
und die Rezeption von Nathan der Weise heute.
"Poesie ist die Muttersprache des menschlichen Geschlechts",
hatte Hamann in seiner AESTHETICA. IN. NUCE 1762 verkündet. Unter seinem
Diktum "Ohne Wort, keine Vernunft – keine Welt" fragten die
1. Magus Tage Münster 2010 nach dem Zusammenhang von Sprache, Denken,
Wahrnehmung. Die 1. Magus-Preisfrage, die die GWK 2011 ausgeschrieben
hatte, fokussierte dieses Thema auf die Poesie.
Franz Josef Czernin hat diesen Wettbewerb gewonnen. Wir gratulieren ihm
herzlich
zum 1. Magus-Preis!
"Inwiefern kann poetische Sprache heute Instrument und/oder Medium
eine Denkens und Fühlens sein, das ohne sie weder möglich noch mitteilbar
wäre?"
So lautete die 1. Magus-Preisfrage. Dem Dichter attestierte der "Magus
in Norden" in seiner AESTHETICA eine besondere Wahrnehmungs- und
Erkenntnisfähigkeit und der poetischen Sprache wies er die Funktion zu,
die "ausgestorbene Sprache der Natur von den Toten wieder aufzuwecken".
Mit Franz Josef Czernin und Sabine Scho wollen wir diskutieren, inwieweit
man in Auseinandersetzung mit Hamann Einsichten über heutiges poetisches
Sprechen und über die Perspektivität eines jeden Sprechens gewinnen kann.
Der Hamann-Forschungspreisträger Hugh Barr Nisbet beleuchtet den Perspektivismus
unter dem Begriff "Toleranz" im Hinblick auf Lessing, der mit
Nathan der Weise einen "Klassiker" Aufklärung und des Theaters
überhaupt verfasst hat.
Herzlich lade ich Sie zur Verleihung des 1. Magus-Preises an Franz Josef
Czernin und zum zweiten, von Hanni Liang musikalisch begleiteten, Wortwechsel
mit Johann Georg Hamann ins münstersche Rathaus ein.
Susanne Schulte, GWK
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1. MAGUS-PREIS AN FRANZ JOSEF
CZERNIN
Literarischer Wettbewerb der GWK mit Hinblick auf Johann Georg
Hamann
Den
1. Magus-Preis der GWK-Gesellschaft für Westfälische Kulturarbeit, Münster,
erhält der österreichische Dichter Franz Josef Czernin für seine Aphorismen
"AESTHETICA. IN. NUCE. Eine Rhapsodie in Kabbalistischer Prose –
und ein dialogischer Widerhall". Der Preis wird für die beste Antwort
auf die Magus-Preisfrage vergeben, die die GWK 2010 unter Schriftstellern
und Wissenschaftlern ausgeschrieben hatte. Die Preisfrage lautete: "Inwiefern
kann poetische Sprache heute Instrument und/oder Medium eines Denkens
und Fühlens sein, das ohne sie weder möglich noch mitteilbar wäre?"
Die Ausschreibung, die das in der Aufklärung populäre Genre der Preisfrage
aufleben lässt, knüpft an Johann Georg Hamann an, der auch als "Magus
in Norden" Berühmtheit erlangte.
Hamann wurde 1730 in Königsberg geboren und starb 1788 nach einjährigem
Aufenthalt im Westfälischen und in Pempelfort (Düsseldorf) in Münster.
Sein Grab befindet sich noch heute in der Domstadt, große Teile seines
Nachlasses liegen in der dortigen Universitäts- und Landesbibliothek.
Hamann galt dem Sturm und Drang als Verkünder der Subjektivität, des Genies,
des Gefühls; die Existenzphilosophie wäre ohne ihn kaum denkbar. Mit der
Magus-Preisfrage tritt das wohl umgreifendste Lebensthema Hamanns, die
Sprache, in den Vordergrund. "Poesie ist die Muttersprache des menschlichen
Geschlechts" hatte er in seiner wirkmächtigen Schrift "AESTHETICA.
IN. NUCE. Eine Rhapsodie in Kabbalistischer Prose" 1762 verkündet
und dem Dichter eine besondere Wahrnehmungs- und Erkenntnisfähigkeit attestiert.
Im Unterschied zur Sprache des Alltags und zur Sprache der Wissenschaft
wies er der poetischen Sprache die Kraft zu, die "ausgestorbene Sprache
der Natur von den Toten wieder aufzuwecken". Czernins Aphorismen
entzünden sich an Kernthesen des Hamannschen Essays und umkreisen in "dialogischem
Widerhall" Probleme der Dichtung, wie Hamann sie aufwarf und wie
sie heute noch immer aktuell sind. So geht es zum Beispiel um die Mehrdeutigkeit
und das Labyrinthische des poetischen Wortes, sein besonderes Deutungs-
und Sinnpotential, um Bildlichkeit und Metaphorik oder die Bedeutung der
Form in der Dichtung, um das Wechselspiel von Verständlichem und Unverständlichem,
von Aussprechen und Verschweigen.
175 Schriftsteller und Wissenschaftler aus dem gesamten deutschen Sprachraum
hatten sich an der "Magus-Preisfrage" beteiligt. Eine renommierte
Jury entschied über die ihr anonym vorgelegten Beiträge. Ihr gehörten
an: der Lektor Thorsten Ahrend vom Göttinger Wallstein Verlag, die Schriftstellerin
Katharina Hacker aus Berlin, die Hochschullehrerin Eva Kocziszky aus Budapest
und der Schriftsteller Peter Waterhouse aus Wien. Der mit 4.000 Euro dotierte
Preis wird von der GWK im Rahmen des Magus Tags Münster am 15. Oktober
2011 im münsterschen Rathaus verliehen.
Die Aphorismen Czernins erschienen zum Magus-Tag in der von Susanne Schulte
herausgegebenen Anthologie "Ohne Wort keine Vernunft – keine Welt.
Bestimmt Sprache Denken? Schriftsteller und Wissenschaftler im Wortwechsel
mit Johann Georg Hamann" im Waxmann Verlag, Münster. ...mehr |
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Preisverleihung
| Lesung und Gespräch |
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Franz Josef Czernin:
AESTHETICA. IN. NUCE. Eine Rhapsodie in Kabbalistischer Prose –
und ein dialogischer Widerhall
Poesie: Sie ergreift das Wort bei seinem Licht und bei seiner
Dunkelheit, ja, sie wird vom Wort bei ihrem und seinem Licht, bei
seiner und ihrer Dunkelheit ergriffen.
Gedichte, die nicht auch dunkel sind, lassen nicht eigentlich erfahren.
In ihnen kann ja Licht nicht werden.
Hamann (mit Kafka): die Vertreibung aus dem Paradies findet mit
jedem Wort aufs Neue statt, sie ist also nicht endgültig. |
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Mit Franz Josef Czernin
erhält einer der renommiertesten deutschsprachigen Dichter der Gegenwart
den 1. Magus-Preis 2011. In vielstimmigen Aphorismen hat Czernin einen
„dialogischen Widerhall“ auf Hamanns wirkmächtige Schrift AESTHETICA.
IN. NUCE verfasst. Seine pointierte Auseinandersetzung mit Hamann und
der Magus-Preisfrage gibt erhellende und provozierende Einblicke in ästhetische
Reflexion und Praxis heute.
175 Schriftsteller und Wissenschaftler aus dem deutschen Sprachraum hatten
auf die Magus-Preisfrage geantwortet. Die Juroren Thorsten Ahrend (Wallstein
Verlag, Göttingen), Katharina Hacker (Autorin, Berlin), Eva Kocziszky
(Germanistin, Budapest) und Peter Waterhouse (Autor, Wien) entschieden
über die ihnen anonym vorgelegten Beiträge und sprachen Franz Josef Czernin
den 1. Magus-Preis zu.
Zuletzt erschienen von Franz Josef Czernin u.a. bei Hanser staub.gefässe.
Gesammelte Gedichte (2008), Das Labyrinth erst erfindet den roten Faden.
Einführung in die Organik (2005), bei Klever Das telepathische Lamm. Essays
und andere Legenden (2005), bei onomato elstern. versionen. Gedichte (2006)
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Lesung
und Gespräch |
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Sabine Scho:
Die verkehrte Seite der Tapete. Ein Brief an den lieben Jo
Ja, ganz recht, lieber Jo, selbst im sapere von Sapere aude! steckt
noch das Schmecken und Riechen, es ist ja nicht so, als führten
die Begriffe ein rein vernünftiges Leben, als seien sie universal.
Sie sind universal in ihrer Bedeutungsbereitschaft, aber singulär
in jedem einzelnen Fall ihres Gebrauchs, und sei es, um die Tapete
verkehrt herum an die Wand zu kleben. Hätte denn sonst auch noch
irgendeiner von uns Lust, etwas niederzuschreiben, es sei denn,
es bestünde die Möglichkeit, mit jedem Wort die Welt neu zu erschaffen
und nicht nur ein neues Wort für die Welt? |
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Sabine Scho, mehrfach
mit renommierten Preisen ausgezeichnete Lyrikerin, kritisiert den „Magus“
in ihrem Brief an den „lieben Jo“ aus aufgeklärt-säkularer Perspektive.
Sie spricht Hamann als Freundin an, distanziert sich aber von seinem Logosglauben
und seinem Ideal von Poesie. Dichtung ist für sie nicht der Versuch, die
Sprache der Natur und den göttlichen Logos nachzuahmen, sondern Möglichkeit,
die Welt aus dem menschlichen Wort neu zu erschaffen.
Die GWK-Preisträgerin, die heute in Berlin und São Paulo lebt, stammt
aus Ochtrup. Dort, auf Haus Welbergen, hatte Hamann den Winter 1787/88
verbracht.
Zuletzt erschienen bei KOOKbooks von Sabine Scho: farben. Gedichte (2008)
und Album. Gedichte (2008).
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Vortrag |
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Hugh Barr Nisbet:
Weit mehr als Duldung: Respekt.
Lessings Verhältnis zur Toleranz
So kann man Lessings „Nathan der Weise“ als eine Art Barometer
sehen. Seine Rezeption ist ein Indiz dafür, wie hoch oder tief die
Bereitschaft der Rezipienten ist, opponierenden Gruppen Toleranz
und Verständnis entgegenzubringen. Toleranz muss auf die Dauer gegenseitig
werden, sonst entsteht bestenfalls passive Duldung oder aber ausgesprochene
Feindschaft. |
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Der weltweit anerkannte
Cambridger Germanist und Aufklärungsspezialist Hugh Barr Nisbet wurde
2010 mit dem 1. Hamann-Forschungspreis ausgezeichnet für seine Darstellung
von Leben und Werk Gotthold Ephraim Lessings, der zentralen Figur der
deutschen Aufklärung.
Lessing – Eine Biographie (C.H. Beck, 2008) bereitet höchsten Lesegenuss
und hat Nisbet weit über akademische Kreise hinaus bekannt gemacht. Nisbet
verbindet größte Faktentreue mit enormem Wissen und einem Stil, der äußerst
elegant, weder kapriziös noch jargonhaft und zugleich wissenschaftlicher
Präzision verpflichtet ist. Seine profunde Kenntnis von Lessings Werk,
genaue Textlektüre und ein sicheres interpretatorisches Urteil befriedigen
die Erwartungen und Ansprüche von Liebhabern, Studierenden und Forschern.
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Der Hamann-Forschungspreis
wurde durch die Zusammenarbeit der Westfälischen Wilhelms-Universität
mit der Stadt Münster und der GWK ermöglicht. Das Preisgeld wurde von
Gertraud und Reinhard Horstmann gestiftet.
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Musik |
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Die Pianistin und GWK-Preisträgerin Hanni Liang (Klavier)
begleitet die Lesungen und Gespräche musikalisch
mit Werken von Johann Sebastian Bach und Manfred Trojahn.
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